Beharrliche Tragbarkeiten
Die Serie «Beharrliche Tragbarkeiten» zeigt Momentaufnahmen von Personen, unmittelbar nach der Neugestaltung ihrer Kopfhaarsituation. Dieser gewohnte, alltägliche und doch besondere Umstand, der unser Auftreten und unsere Selbstwahrnehmung verändert, ist Thema dieser fotografischen Arbeit.
Stefanie Daumüller sammelt mit den fotografischen Porträts die Oberflächengestaltung von Individuen, um Wahrnehmung und deren Prozesse sowie die damit verbundenen traditionellen Denkstrategien zu veranschaulichen und bewusst zu machen. Sie konstruiert Realitäten und somit Projektionsflächen. Sie ist fasziniert von Menschenbilder und was man ihnen glaubt und in sie interpretiert.
Der Coiffeur ist in «Beharrliche Tragbarkeiten» die thematische Gemeinsamkeit der gefundenen Menschenbilder. Stefanie Daumüller ist fasziniert am Beliebigen der Möglichkeit, die sie zwischen gestalterischer Entscheidungsfreiheit und der Eigendynamik der Modelle findet.
Haare wachsen vor sich hin. Manchmal geradlinig, manchmal kurvenreich, jedoch immer unbeirrt. Einige unermüdlich andauernd und unaufhörlich. Man pflegt und gestaltet sie. Der Gang zum Coiffeur ist bekannt - eine «never ending story».
Das Erscheinungsbild einer Person ist unbeständig. Ständig finden bewusste und unbewusste Veränderungen statt. Beharrlich wird jedoch nach seinem Bild gesucht oder versucht, einem Bild, das man für sich gefunden hat und das man von sich kennt, zu entsprechen. Man will andere und sich an sich gewöhnen. Ab und zu ist man auch bereit, sich der Veränderung hinzugeben oder der Veränderung nachzuhelfen. Mit einer Auswahl an Haarschnitten, Farben und Pflegeprodukten verspricht man sich zahlreiche Möglichkeiten der Optimierung und Individualisierung des Erscheinungsbildes.
Im Wissen darum, dass das Abbild den Moment danach zeigt, fragt man sich, was vorher war. Dargestellt sind jeweils zwei Varianten derselben Person. Ein Porträt mit Tuch und eines ohne Tuch. Verdecktes macht Unverborgenes sichtbarer. Durch das Tuch werden das Gesicht und die Haargestaltung zum Thema gemacht. Auch suggeriert es eine Art Sockel, der das Haupt und dessen Wichtigkeit überhöht. Verdecktes weckt Neugierde und eröffnet Projektionsfreiheit. Die Kleidung als ein dokumentarisches Zeitzeugnis bleibt durch das Tuch verborgen. Vorstellungen sowie Vorurteile werden durch die Erfahrung und die Erinnerung hervorgerufen. Denn Kleider machen Leute - oder auch nicht. Das Tuch verstärkt und verdeutlicht als ein ungewohntes Fremdelement die Künstlichkeit des fotografischen Porträts und somit die Inszenierung.
vierundzwanzig fotografische Porträts (72 x 54cm)